Ich bin jetzt 19 Jahre alt. Doch als ich wusste, dass ich lesbisch bin, war ich vielleicht 12. Ich verliebte mich Hals über Kopf in ein Mädchen aus meiner Fußballmannschaft von damals. Meine Geschichte bedient also schon in gewisser Weise das Klischee einer Lesbe, die Fußball spielt, kurze Haare hat und als Kind nie das machen wollte, was andere Mädchen so tun. Sagen wir mal so: Meine Barbie hatte kurze Haare und Ken wurde kurzerhand zum Gärtner umfunktioniert.
Jedenfalls war das Mädchen, in das ich verliebt war, damals etwa 16, also einfach viel zu alt für mich. Irgendwann verlor man sich aus den Augen und ich wurde älter. Meine erste Freundin hatte ich mit 14, diese Beziehung hielt sogar bis zu meinem 16. Geburtstag und danach entstand erstmal ein großes Loch. Zu diesem Zeipunkt wussten sowohl der Großteil meiner Familie und auch meine Freunde über alles bescheid. Es war ein sehr unkompliziertes Coming out für mich, bis auf die üblichen Idioten, die man so an der Schule hat. Zurück zu mir mit 16 Jahren. Ich hatte überhaupt keine Ahnung, wie ich Kontakte mit anderen Mädels schließen konnte und irgendwann hat mir jemand gesagt, ich sollte doch vielleicht einfach mal im Internet gucken, was es so in meiner Umgebung gibt. Als erstes ging ich auf einen Schwoof (eine Frauenparty) in Langendreer. Aber die waren ebenfalls alle zu alt, als dass ich wirklich hätte Kontakte schließen können.
Ich habe weiter gesucht und irgendwann bin ich auf die Internetseite der Wuppertaler BJ gestossen. Dort hatte ich auch die Möglichkeit, mich schon im Voraus mit dem damaligen Vorstand in Kontakt zu setzten, was ich dann auch tat. Ich bin nicht wirklich oft in Wuppertal gewesen und hatte ziemlich große Angst davor, ganz allein in die Gruppe rein zu marschieren. Ziemlich nervös stand ich also einen Montag vor den Weihnachtsferien, es muss 2004 gewesen sein, vor dem AZ in der Markomannenstraße, meine Wegbeschreibung noch fest in der Hand.
Ich ging die Treppen hoch und machte die Tür auf. Ein merkwürdiges Gefühl, wenn man von so vielen Augen angestarrt wird. Aber die Nervosität legte sich, auch mit der Tatsache, dass an diesem Tag nur Jungs da waren. Ich wurde wahnsinnig nett in die Runde aufgenommen und ausgefragt, aber auf eine sehr angenehme Art und Weise. In der folgenden Woche ging ich wieder hin und einer der Jungs hatte seine Mitbewohnerin mitgebracht, mit der ich mich sehr nett unterhalten habe. Auch sie war wesentlich älter als ich. Trotzdem entwickelte sich eine Art Beziehung zwischen uns, die jedoch nicht lange vorhielt.
Inziwschen sind also fast genau 3 Jahre ins Land gegangen und ich komme immernoch, wenn ich denn Zeit habe und nicht mit Abi beschäftigt bin, sehr gerne zur BJ. Im Laufe der Zeit habe ich in der Gruppe sehr viele neue Kontakte schließen können und durchweg positive Erfahungen gesammelt, sei es beim gemeinsamen Kochen oder beim lockeren Quatschen in der Runde. Als ich 17 wurde, habe ich mich dann auch beim Rest der Familie geoutet. Meine Oma war eigentlich am Besten. Ich sagte zu meinem Opa: „Opa, ich habe eine Freundin.“, doch er verstand nur Bahnhof. „Wie, was meinst du mit du hast eine Freundin?!“. Meine Oma hat die Lage natürlich sofort erkannt und Opa aufgeklärt: „Na, sie ist lesbisch, Mensch! Du verstehst mal wieder gar nichts!“. Sie stehen bis heute fest zu mir, auch wenn die beiden natürlich noch gelernt haben, Homosexualität sei eine Krankheit. Ich denke ich habe mit den Leuten in der BJ ganz gut gelernt mit meiner Sexualität offen umzugehen und gesehen, dass man sich für alles schämen kann, aber nicht dafür, wen man liebt.